EREIGNISSE

Am Abend des 30. Januar nimmt Hitler am Fenster der Reichskanzlei Ovationen von Anhängern und Sympathisanten entgegen. (Foto: Robert Sennecke, Berlin)

1933: Machtübernahme der Nationalsozialisten

Nachdem bei der Reichstagswahl vom 6. November 1932 die NSDAP mit 33% als stärkste politische Kraft herausgegagen war, ernannte Reichspräsident Hindenburg Adolf Hitler, den Vorsitzenden der NSDAP, am 30.1.1933 zum neuen Reichskanzler. Als am Abend des 30. Januar 1933 Nationalsozialisten den „Tag der Machtübernahme“ mit Fackelzügen durch das Brandenburger Tor feierten, markierten die triumphierenden Kundgebungen auch symbolisch das Ende der Weimarer Republik. Um eine von jeder Kontrolle durch den Reichstag befreite Regierung zu schaffen, wurde der Reichstag am 1. Februar aufgelöst, und in der Folgezeit schalteten die Nationalsozialisten politische Gegner mit Gewalt aus.

Quelle: DHM/LEMO

Wie haben die Menschen die Machtübernahme der Nationalsozialisten erlebt?

Leo Luster berichtet:

„Nach Hitlers Machtübernahme 1933 waren Juden aus Deutschland nach Wien geflüchtet. Einige kamen in den Polnischen Tempel und erzählten, was sich in Deutschland abspielt. Mein Vater wusste, sie erzählen keine Märchen. Aber es gab viele Juden, die waren sich sicher, dass in Österreich so was nie passieren kann. Mein Vater hat uns zu Hause immer darüber erzählt.“

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1934: Februarkämpfe in Österreich

Im Februar 1934 brach in Österreich ein Bürgerkrieg aus, nach den Kämpfen wurde die Ständeverfassung in Österreich eingeführt, wodurch sich Österreich zur austrofaschistischen Diktatur entwickelte. Engelbert Dollfuß , von 1932 bis 1934 als Bundeskanzler, regierte ab 5. März 1933 per Notverordnung und drohte 1934 seine Gegner – den Schutzbund und die Sozialdemokraten – zu entwaffnen. Dollfuß stand dem italienischen Faschismus und der katholischen Kirche nah und lehnte den deutschen Nationalsozialismus ebenso wie den demokratischen Rechtsstaat und die Sozialdemokratie ab. Beim Juliputsch 1934 österreichischer Nationalsozialisten wurde er ermordet.

Quelle: Stadt Wien / wien.gv.at

Soldaten des Bundesheeres vor der Oper in Wien
(Foto: Bundesarchiv unter CC BY-SA 3.0 de)

Wie haben die Menschen die Zeit der Februarkämpfe erlebt?

Max Tauber berichtet:

„Im Februar 1934 wurde sofort alles, was mit den Sozialdemokraten in Verbindung stand, unter Dollfuß eliminiert. Die Sozialdemokratische Partei wurde verboten, alle Genossenschaften wurden aufgelöst, so dass mein Vater nicht nur politisch gefährdet war, sondern auch wirtschaftlich am Ende. Zum Vorstand der Schuhmachergenossenschaft wurde ein Nobelschuhmacher aus der Innenstadt – Lakovich hat er geheißen. Kurz nach dem 12. Februar hat er meinem Vater einen Brief geschrieben, dass er auf die Genossenschaft in der Floriangasse 8. Bezirk, kommen soll. Dort hat er zu meinem Vater gesagt: ‚Herr Tauber, Sie können Ihre Funktion sofort wieder einnehmen, aber Sie müssen der Vaterländischen Front beitreten.‘ Das kam für meinen Vater natürlich nicht in Frage, er lehnte ab. […] Alle Leute, die sich politisch verdächtigt gemacht hatten, sind in das erste österreichische Konzentrationslager nach Wöllersdorf gekommen. Das war aber nichts anderes als ein Gefängnis, es war nicht zu vergleichen mit den deutschen Konzentrationslagern. Mein Vater ist dann bei seinem Bruder untergetaucht und hat versucht, ins Ausland zu kommen. Er ist in der Nacht zu uns gekommen und sehr zeitlich wieder gegangen.“

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Häftlinge des KZ Buchenwald nach ihrer Befreiung, 1945 (Foto: DHM / LEMO)

Konzentrationslager Buchenwald

1937 errichtet, verfügte das KZ Buchenwald über 139 Außenlager, in denen politische Gegner, Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Homosexuelle, Obdachlose und Prostituierte vor allem für die Rüstungsindustrie Zwangsarbeit verrichten mussten. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurden 10 000 Juden nach Buchenwald deportiert. Ab dem 6. April 1945 begann die Lagerleitung, die Häftlinge auf „Todesmärsche“ zu schicken. Am 11. April befreiten US- Truppen das Lager. 1945 war Buchenwald das größte Konzentrationslager im „Deutschen Reich“. Insgesamt starben dort über 56.000 Menschen.

Quelle: DHM / LEMO

Rede Hitlers an die jubelnden Massen auf dem Wiener Heldenplatz vom Balkon im ersten Obergeschoss der Hofburg aus, 15. März 1938 (Foto: Bundesarchiv unter CC BY-SA 3.0 de)

Originalton – Ausschnitt aus der letzten Rundfunkansprache von Kurt Schuschnigg als österreichischer Bundeskanzler am 11. März 1938 mit dem Befehl an die österreichischen Streitkräfte, der deutschen Invasion keinen Widerstand zu leisten:

1938: Anschluss Österreichs

Nach der Machtübernahme der NSDAP im Deutschen Reich 1933 strebten auch die ab Juni 1933 verbotenen österreichische Nationalsozialisten eine Machtergreifung an: beim Putschversuch 1934 wurde Bundeskanzler Dollfuß getötet. Erst als Mussolini die österreichische Unabhängigkeit durch italienische Truppen sichern wollte, verloren die Putschisten Hitlers Unterstützung. Bis 1938 kam es aber zu einer deutsch-italienischen Annäherung, die Österreich in die Enge trieb.

Im Februar 1938 wollte Hitler vom österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg eine Vereinbarung erzwingen, die die österreichischen Nationalsozialisten an der Regierung beteiligen würde. Schuschnigg wollte dies verhindern und rief zur Volksabstimmung auf. Hitler drohte mit dem Einmarsch in Österreich und forderte die Übergabe der Regierungsgewalt an die Nationalsozialisten und erzwang so Schuschniggs Rücktritt am 11. März 1938.

Am 12. März marschierten deutsche Truppen in Österreich ein, Nationalsozialisten besetzten alle wichtigen Ämter. Am 13. März war die „Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ gesetzlich vollzogen. Die Wehrmacht wurde von der österreichischen Bevölkerung jubelnd empfangen, und 100.000 Menschen begrüßten Hitler am Heldenplatz in Wien. Einen Monat später stimmte die Bevölkerung mit überwältigender Mehrheit für den Anschluss. In den ersten Wochen nach dem Anschluss wurden im nun „Ostmark“ genannten Österreich vor allem Juden schikaniert und festgenommen, vielen blieb nur die Flucht.

Quelle: DHM / LEMO

Wie haben die Menschen den Anschluss Österreichs erlebt?

Kitty Suschny berichtet:

„Als die Deutschen im März 1938 einmarschierten, war alles voller Nazifahnen. Schon am Tag vorher hingen die Fahnen. Es hat in unserer Umgebung eine Frau gegeben, die nicht einmal richtig Deutsch konnte, die hat immer gerufen: ‚Hoch das deutsche Wien!‘ Man kann aber nicht sagen, alle Österreicher waren Nazis. Ich sag das nur im Zorn, denn es waren halt viele. Es war zu dieser Zeit auch eine große Arbeitslosigkeit und dadurch eine große Armut.“

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Kurt Rosenkranz berichtet:

„Wir waren eine Bubenklasse, und einige Tage vor dem Einmarsch der Deutschen, im März 1938, spielte ich noch mit meinen nichtjüdischen Kollegen auf der Gasse Fußball. Freitag am Abend ist Hitler einmarschiert. Wir waren bei den Großeltern, es war Schabbat. Auf einmal hörten wir im Radio: Gott schütze Österreich! Das waren die letzten Worte Schuschniggs, und meine Mutter weinte bitterlich, weil sie ahnte, was kommen würde. Mich tangierte das nicht. Aber am Samstag in der Früh begannen die Plünderungen in Wien.“

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Lucia Heilman berichtet:

„1938 kam dann schon der Hitler. Als Schuschnigg am 11. März 1938 seine Rede hielt, wir hatten ein Radio und meine Mutter hat die Rede gehört, war sie sehr verzweifelt. Am 12. März sind die deutschen Truppen in Österreich einmarschiert. Ich war acht Jahre alt und bin allein zum Heldenplatz gelaufen, weil es geheißen hat, dort ist eine Veranstaltung. Als ich in der Nähe des Heldenplatzes war, konnte ich gar nicht mehr weitergehen, so viele Menschen waren am Ring. Ich bin dort gestanden und hab gehört das Schreien, das Grölen und diese Rufe: Heil, Heil, Heil… und ich habe gewusst, ich gehöre nicht dazu. Ich habe diese Stimmung als bedrohlich empfunden. Ich bin eine Weile gestanden, hab gesehen wie die Menschen auf die Bäume geklettert sind, damit sie besser zusehen können. Und dieses Schreien hat nicht aufgehört. Ich bin ganz verstört nach Hause gekommen.“

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Paul Back berichtet:

„Am 12. März 1938 sah ich Flugzeuge, jede Menge Flugzeuge, richtige Staffeln, die den Himmel verdunkelten. Da sah man schon Leute die Leute in den Uniformen und Jungen im HJ-Hemden herumlaufen. […] In die Schule kamen neue Lehrer. Darunter war ein Sudetendeutscher, ein Nazi, der hat keinen Hehl aus seiner Ideologie gemacht und gleich die neuen Landkarten aufgehängt.“

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Leo Luster berichtet:

„An den 11. März 1938 erinnere ich mich wie heute. Ich war mit meinem Vater am Freitagabend in der Synagoge. Auf dem Weg nach Hause hielt uns ein Nachbar auf: ‚Es ist etwas Schreckliches passiert. Der Kanzler Schuschnigg ist zurückgetreten.‘ Ich erinnere mich noch an die Worte meines Vaters: ‚Jetzt fangt unser Unglück an!‘ Und so war es! Am Samstag sind schon auf der Straße die Leute mit den Hakenkreuzbinden herumgelaufen, und man hat die Juden gesucht. Mein Vater hat sofort nach dem Einmarsch der Deutschen seine Arbeit verloren. Die Deutschen haben alle Regierungsfunktionen und die Polizei übernommen. Sie haben genau gewusst, wer wo wohnt. Sie haben den Juden alles weggenommen, und bald hat es keine jüdischen Geschäfte mehr gegeben.“

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Kitty Schrott berichtet:

„Im Jahre 1938, nachdem die Deutschen in Österreich einmarschiert waren, mussten wir aus Laa nach Wien ziehen, denn die Juden aus den Bundesländern wurden in Wien versammelt. […] Zuerst wohnten wir, meine Großeltern väterlicherseits, meine Großmutter mütterlicherseits, mein Onkel Ernst und mein Onkel Alexander im 2. Bezirk in der Praterstrasse, ganz in der Nähe des Durchgangs zur Czerningasse.“

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Max Uri berichtet:

An den Einmarsch der Deutschen nach Österreich, im März 1938, kann ich mich noch gut erinnern. Wir wohnten ja in einem guten Viertel, und am Abend hörten wir im Radio, wie Bundeskanzler Schuschnigg abdankte. Wir löschten das Licht in der Wohnung. Nicht weit von unserer Wohnung entfernt, am Karl-Lueger-Platz, wütete der Pöbel gegen die Juden. Kurz darauf musste ich die Berufsschule verlassen; als Jude durfte ich nicht mehr weiter lernen.

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1938: Novemberpogrom / Reichspogromnacht

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 fand die sogenannte „Reichspogromnacht“ statt, in der im gesamten „Deutschen Reich“ fast alle Synagogen und 7.500 jüdische Geschäfte zerstört und geplündert wurden. Die Aktionen wurden von Propagandaminister Goebbels organisiert und von den Nazis als „Kristallnacht“ bezeichnet.

In Wien wurden 49 Synagogen und Gebetshäuser durch Granaten und Feuer nahezu vollständig zerstört. Einzig die Synagoge in der Seitenstettengasse blieb unversehrt, da man befürchtete, dass das Feuer die umliegenden Wohnhäuser gefährden könne. Im Anschluss an die Reichspogromnacht stiegen Deportationen rasant an, alle jüdischen Organisationen wurden verboten, und die Rechte der Juden noch weiter beschränkt.

Quelle: United States Holocaust Memorial Museum

Private Filmaufnahmen aus Wien, aufgenommen vermutlich unmittelbar nach der Reichsprogromnacht 1938 (Quelle: Prelinger Archives/Wikimedia Commons, Public Domain)

Wie haben die Menschen die Progromnacht erlebt?

Max Uri berichtet:

„Am 10. November, während der Pogromnacht, betraten drei SS-Männer das Geschäftslokal und verlangten die Geschäftsschlüssel. Moses Zwick wollte die Geschäftsschlüssel nicht hergeben. Sie schlugen ihm alle Zähne raus, nahmen ihm die Schlüssel weg, und er durfte das Geschäft nicht mehr betreten. Das war das Ende der Firma ‚Uri & Zwick‘“.

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Max Uri berichtet weiter:

„Am 10. November 1938 wurde ich verhaftet und im 9. Bezirk in der Pramergasse, in einer Reitschule mit ungefähr 1000 Juden, die teilweise in Schlafanzügen oder Unterwäsche aus ihren Wohnungen geholt wurden, festgehalten. Gegen drei Uhr nachts durften die unter Achtzehnjährigen und über Sechzigjährigen nach Hause gehen. Draußen hatte sich der Pöbel versammelt und wartete auf uns. Ein hoher Polizeioffizier war bereit, uns zu schützen, aber nur so lange, bis er bis 10 gezählt hatte. Ich rannte los, was mir als Sportler zum Glück leichtfiel. Meine Mutter hatte sich mit meinen Schwestern und meinem Bruder in dieser Nacht bei ihrer Schwägerin, der Tante Rosa Roth, versteckt. […] Nach der Pogromnacht wurden den Juden Steuern auferlegt, zum Beispiel die Reichsfluchtsteuer und die Judenvermögensabgabe.“

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Leo Luster berichtet:

„Am 10. November 1938, nach der Pogromnacht, wurde mein Vater eingesperrt. Unsere Wohnung war im dritten Stock. Im Haus gab es auch eine Kellerwohnung ohne Licht, ohne Strom, Wasser und Toilette. In dieser Wohnung wohnte ein Mann, ein illegaler Nazi. Er hat uns gesagt, dass wir die Wohnung räumen müssen. Als er kam, waren nur meine Schwester und ich zu Hause. Wir mussten unsere Sachen aus der Wohnung nehmen, die, die wir tragen konnten, und in die Kellerwohnung gehen. Als mein Vater freikam, war er ganz zerschlagen. Die hatten ihm gesagt, er darf mit Niemanden darüber reden, was er erlebt hat. Man hatte die Leute im Gefängnis gequält und geschlagen.“

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1933-1945: Konzentrationslager Dachau

Über 7800 Österreicher wurden 1938 in das KZ Dachau nahe München deportiert. Der erste Transport, auch Prominententransport genannt, traf drei Wochen nach dem „Anschluss“, im April 1938, in Dachau ein: Dieser Transport bestand aus Repräsentanten des „Ständestaats“, politische Funktionäre, Polizei- und Justizfunktionäre und Juden, Sozialisten und Kommunisten.

Nach der Pogromnacht im November 1938 wurden aus Wien viele Juden ins KZ Dachau deportiert. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden auch Menschen aus besetzten Gebieten Europas im KZ Dachau inhaftiert. Von den insgesamt mindestens 200.000 Dachauer Haftinsassen starben etwa 41.500.

Quelle: DHM / LEMO

Häftlingskleidung im KZ Dachau, fotografiert am 30. April 1945 (Foto: US Army / National Archives, Public Domain)

Jüdische Kinder erreichen mit dem ersten Kindertransport am 2. Dezember 1938 den englischen Hafen Harwich (Foto: United States Holocaust Memorial Museum / Instytut Pamieci Narodowej)

Kindertransporte

Als Folge der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 beschloss Großbritannien, 10.000 jüdische Kinder aus Deutschland, Österreich und später auch der Tschechoslowakei nach Großbritannien zu bringen, um sie vor der Verfolgung und Deportation zu schützen.

Am 2. Dezember erreichte der 1. Kindertransport aus Berlin den britischen Hafen Harwich. Mit dem Ausbruch des 2. Weltkriegs am 1. September 1939 endeten die Kindertransporte aus dem Deutschen Reich. Insgesamt wurden durch die Kindertransporte etwa 10.000 Kinder gerettet.

Quelle: United States Holocaust Memorial Museum

Wie haben die Menschen die Kindertransporte erlebt?

Kitty Suschny berichtet:

„Wir waren tausend Kinder, das war schon der zweite Kindertransport nach England. Meine Mutter sagte: ‚Fahr nicht nach England, fahr nach Holland. Da kannst du zu Fuß zurückkommen. Nimmst ein Leiterwagerl, und ein Bauer wird dich ein Stück führen, oder du gehst zu Fuß nach Hause. Übers Wasser wirst du nicht kommen können.‘ Meine Mutter, Frau Maurer, Herr Maurer und der kleine Heinz haben uns in Hütteldorf um halb zwölf in der Nacht verabschiedet. Es waren auch Krankenschwestern vom Rothschild-Spital beim Transport, das jüngste Kind war erst sechs Wochen alt. […] Man durfte den Kindern nichts mitgeben, damit der Transport, Gott behüte, nicht gefährdet war. Das war strengstens verboten. Zehn Mark durfte man offiziell mitnehmen, also hatten wir sehr wenig Geld. Aber Ilse hatte Schuck und etwas Geld versteckt, ich habe es erst in England erfahren.“

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1939: Beginn des Zweiten Weltkriegs

Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg durch den Überfall des Deutschen Reiches auf Polen. wurden über 60 Millionen Menschen während des Zweiten Weltkriegs getötet, darunter mit ca. sechs Millionen ein Großteil der jüdischen Bevölkerung Europas. Der Krieg endete 1945.

Deutsche Soldaten stellen die Zerstörung eines polnischen Schlagbaums an der Grenze zur Freien Stadt Danzig nach, 1. September 1939 (Foto: Wikimedia / Public Domain)

Wie haben die Menschen den Beginn des 2. Weltkriegs erlebt?

Irene Bartz berichtet:

„Im September 1939, wenige Tage nach dem Überfall der Deutschen auf Polen, wurde die Mutti abgeholt und interniert. Vera und ich wurden zur Schwester meines Vaters geschickt, damit die Polen uns nicht finden. […] Eine Woche später mussten wir ein paar Sachen zusammenpacken, und wir wurden mit dem Zug an die russisch-polnische Grenze gebracht. Die Schwester meines Vaters, mein geliebter Großvater und die Tante Amalia blieben in Krakau zurück. Unser Zug wurde bombardiert, und wir mussten immer aus- und wieder einsteigen. Wir wurden in ein ukrainisches Dorf gebracht.“

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Handschlag Stalins und Ribbentrops nach der Unterzeichnung des Nichtangriffspakts (Foto: Bundesarchiv / Bild 183-H27337)

1939: Hitler-Stalin-Pakt

Als Hitler-Stalin-Pakt bezeichnet man den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt, der am 23. August 1939 in Moskau von dem deutschen Außenminister von Ribbentrop und dem sowjetischen Außenminister Molotow unterzeichnet wurde. In einem geheimen Zusatzprotokoll legten die Länder die Aufteilung Nordost- und Südeuropas fest, sofern es zu einer „territorialen Umgestaltung“ kommen sollte. Im Zentrum stand die Teilung Polens.

Quelle: DHM / LEMO

Irene Bartz berichtet:

„Der Krieg war für uns erst einmal beendet, weil sich die Russen und die Deutschen Polen geteilt hatten. Die Grenze war der Fluss San, und wir waren in Korstopol, im russischen Bereich. Aber die Ukrainer, die dort gelebt haben, haben uns jeden Tag gesagt, dass sie uns umbringen werden, weil wir Juden sind.“

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Wie haben die Menschen die Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Pakts erlebt?

Kurt Rosenkranz berichtet:

„[1939] unterschrieben Stalin und Hitler den Hitler-Stalin-Pakt. Die Russen besetzten Riga. Wir gingen auf den Bahnhof und erlebten, wie Rotarmisten von der finnischen Front aus Viehwaggons steigen. Da kamen Menschen aus Viehwaggons, das war furchtbar.“

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1941: Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion

Am 22. Juni 1941 überfiel das Deutsche Reich trotz des Nichtangriffspakts die Sowjetunion. Dieser Überfall – von der Wehrmacht mit dem Decknamen „Unternehmen Barbarossa“ bezeichnet – führte zum Krieg zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion, der erst im Mai 1945 durch die deutsche Kapitulation endete. Zunächst gewann das Deutsche Reich viel Territorium und stand mit seinen Truppen kurz vor Moskau. Deutsche Soldaten ermordeten im Zuge des von der Wehrmacht geführten Vernichtungskriegs Millionen von Zivilisten. Die Schlacht um Moskau Ende 1941 und insbesondere die Schlacht um Stalingrad 1942/1943 bildeten aber die entscheidenden Wendepunkte und brachten der sowjetischen Armee die Überhand. Im heutigen Russland wird der Krieg als „Großer Vaterländischer Krieg“ bezeichnet.

Quelle: United States Holocaust Memorial Museum

Gebirgsjäger der Wehrmacht gehen im Morgengrauen des 22. Juni 1941 bei Lwiw über die deutsch-russische Interessengrenze (Foto: Bundesarchiv, Bild 146-2007-0127)

Wie haben die Menschen den Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion erlebt?

Kurt Rosenkranz berichtet:

„Dann kam der 22. Juni 1941 – Kriegsausbruch! Gegen vier Uhr klopfte es an unsere Tür. Draußen stand ein Rotarmist. Er sagte, wir sollen zusammenpacken und in fünf Minuten fertig sein. Das kam für uns vollkommen überraschend. Ich zeigte dem Rotarmisten meinen ‚Pionierchef‘-Ausweis. Er war ihn auf den Boden und trat mit dem Fuß darauf. Von dem Moment an war der Kommunismus für mich gestorben. Da wir deutsche Staatsbürger waren und als eventuelle Spione galten, wurden wir verhaftet. Es war egal, dass wir Juden waren. Wir wurden im französischen Lyzeum in Riga interniert, erlebten drei Bombenangriffe der Deutschen und wurden nach einigen Tagen in Güterwaggons verfrachtet.“

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Irene Bartz berichtet:

„Die Deutschen waren für uns immer noch ein kultiviertes Volk, obwohl man schon mehr hätte wissen müssen. Am 30. Juni 1941 wurde Lemberg von den Deutschen besetzt. Die Russen standen nachts vor unserer Tür und haben gesagt, wir sollen zusammenpacken. Man hat uns von Lemberg zum Ural gebracht.“

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Frauenbaracke im Ghetto Theresienstadt (Foto: USHMM / YIVO Institute for Jewish Research, New York)

Ghetto Theresienstadt

Das Ghetto-Lager Theresienstadt bestand zwischen November 1941 und Mai 1945. Von den zirka 140.000 gefangenen Juden wurden knapp 90.000 nach Auschwitz und andere Vernichtungslager deportiert. Etwa 33000 starben in Theresienstadt an den schrecklichen Lebensbedingungen.

Quelle: United States Holocaust Memorial Museum

Wie haben die Menschen das Ghetto Theresienstadt erlebt?

Paul Back berichtet:

„Wir wussten nichts über die Großmutter, die in Wien geblieben war. Nach dem Krieg erfuhren wir ihr Schicksal. Sie wurde aus der Wohnung geworfen, in der sie 20 Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Sie lebte dann in einer dieser Sammelwohnungen im 2. Wiener Gemeindebezirk, und von dort aus wurde sie nach Theresienstadt und dann nach Treblinka deportiert und ermordet.“

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Leo Luster berichtet:

„Mein Glück war, dass mein Vater in der Kultusgemeinde arbeitete – dadurch wurden wir nicht nach Polen deportiert, sondern nach Theresienstadt. Wir sind mit dem Zug zwei Tage gefahren, mit über tausend Menschen. Dann kamen wir in Bauschowitz an. Wir mussten zu Fuß ins Ghetto gehen. […] Zuerst haben wir zusammengewohnt, das war auf einem Dachboden. Wir haben nichts gehabt. Mein Vater hat dann in der Sudetenkaserne gewohnt, und meine Mutter hat einen anderen Platz mit anderen Frauen bekommen. Aber sie konnten sich jeden Tag sehen.“

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Auschwitz / Birkenau

Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz teilte sich in drei Lager auf. Am 27. April 1940 wurde der Bau von Auschwitz I, das als Stammlager fungierte, von Himmler angeordnet. Im März 1941 wurde der Komplex durch das Vernichtungslager Birkenau erweitert, dessen Funktion die industrialisierte Vernichtung von Menschen war. Hierzu verwendeten die Nationalsozialisten insbesondere Gaskammern, die die Personen töteten, um sie anschließend in den Krematorien zu verbrennen.

Neben zahlreichen anderen Arbeitslagern (u.a. Gleiwitz), wurde auch das Lager Auschwitz III nahe der Stadt Oswiecim errichtet, das auch oft Arbeitslager Monowitz genannt wird. Aufgrund der schwer ermittelbaren Opfer (viele wurden ohne Registrierung direkt ermordet) ist eine genaue Zahl an Todesopfern nicht vorhanden. Mindestens 1,1 Millionen gelten als gesichert, wobei andere Historiker von bis zu 1,5 Millionen ausgehen. Auschwitz wurde zum Synonym für den Massenmord an den europäischen Juden.

Zeugen des Massenmordes: ein Berg von Augengläsern in Auschwitz (Foto: Bundesarchiv, Bild 183-R69919 / CC-BY-SA 3.0)

Wie haben die Menschen das KZ Auschwitz erlebt?

Leo Luster berichtet von seiner Ankunft in Auschwitz:

„Unsere ganze Gruppe, die zusammengewohnt hatte, blieb zusammen und war dann in demselben Transport nach Auschwitz. Mein Vater war auch dabei. Was mit meiner Mutter war, habe ich nicht gewusst. […] Wir mussten uns auf eine Rampe aufstellen, tausend Menschen in Fünferreihen. […] Der SS-Mann zeigte auf eine Seite oder auf die andere Seite. Die älteren Leute gingen auf die linke Seite, die jüngeren auf die rechte Seite. Als ich dran war, hat mich ein SS-Mann gefragt, was für einen Beruf ich habe. Elektriker, habe ich gesagt. Und ich musste auf die rechte Seite. Wir haben nicht verstanden, was da passiert. Ich habe nicht gewusst, wo mein Vater ist. Stunden später habe ich das Krematorium und das Feuer gesehen.“

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Irene Bartz berichtet:

„Ich habe erfahren, dass mein Großvater und Tante Amalia ins KZ Auschwitz deportiert worden waren. Das war das Ende meines geliebten Großvaters und meiner Tante. […] Ich weiß nur, der Papa hatte es geschafft, von Wien nach Südfrankreich zu kommen. Dort muss man ihn verhaftet haben, denn er wurde am 12. August 1942 von Drancy, einem Sammellager nahe Paris, nach Auschwitz deportiert und ermordet.“

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Leo Luster berichtet vom Arbeitsalltag:

„Um in [Auschwitz-]Birkenau zu überleben, musste man eine eintätowierte Nummer haben. Ohne Nummer warst du nichts wert. […] Wir waren sechs Freunde, und wir wurden alle für die Arbeit ausgesucht. Man hat uns bessere Kleidung gegeben, und wir bekamen eine Nummer in den Arm tätowiert: das hieß, wir waren Menschen. Wir bekamen Decken, wurden zum Zug gebracht und fuhren nach Gleiwitz. […] Man hat uns in eine Fabrik mit Eisenbahnwaggons gebracht. Die Waggons waren beschädigt, und wir mussten sie reparieren. Es war schrecklich kalt. Sechs Tage in der Woche haben wir gearbeitet. Am siebenten Tag mussten wir Steine, die auf einem Platz einen Kilometer entfernt vom Lager entfernt lagen, auf einen Platz ins Lager tragen und dann dieselben Steine zurücktragen. Nur damit wir nicht ausruhen konnten.“

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Schild am Eingang des Vernichtungslagers Maly Trostinec (Foto vermutlich von 1944, nach der Zerstörung des Lagers durch die SS, Quelle: USHMM)

Vernichtungslager Maly Trostinec

Von Nazi-Deutschland errichtetes Konzentrationslager in der Nähe von Minsk im heutigen Weißrussland. In Maly Trostinec wurden Zehntausende Juden umgebracht. Von 9.000 Juden aus Österreich, die zwischen Mai und Oktober 1942 nach Maly Trostinec gebracht wurden, überlebten nur 17.

Quelle: DÖW / Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes

Todesmärsche

Am 14. April 1945 befahl „Reichsführer SS“ Heinrich Himmler, dass kein KZ-Häftling lebend in die Hände der immer näher rückenden alliierten Truppen fallen dürfe. Er ordnete die Evakuierung der Arbeits- und Todeslager an den Fronten an. Die Gefangenen sollten vor allem von der Ostfront, die die Rote Armee inzwischen überall durchbrach, ins Landesinnere verschleppt werden: in andere Lager oder in abgelegene Gebiete. Auf diesen qualvollen Todesmärschen starben Tausende von Häftlingen.

Quelle: USHMM

Gefangene auf einem sog. Todesmarsch vom KZ Dachau in Richtung der Stadt Wolfratshausen, im April 1945 (Foto: USHMM / KZ Gedenkstätte Dachau)

Wie haben die Menschen die Todesmärsche erlebt?

Leo Luster berichtet:

„In den Waggons haben wir Zeitungsausschnitte gefunden und lasen, dass die Russen vor Warschau standen. Und auf einmal bekamen wir den Befehl, wir gehen nicht zur Arbeit. Jeder bekam ein halbes Brot, eine Konserve mit Blutwurst, ein Stückchen Margarine und Marmelade. Wir mussten losmarschieren. Das war ein Todesmarsch. SS-Männer haben uns begleitet. Es war immer noch Winter. Wir hatten keine warmen Kleider und schlechte Schuhe. Wir sind gegangen… wohin? Das haben wir nicht gewusst. Wir gingen den ganzen Tag, viele Kilometer. Unterwegs konnten viele nicht mehr. Wer zurückgeblieben ist, wurde erschossen. Essen haben wir nicht bekommen. Nach drei Tagen kamen wir nach Blechhammer in ein Außenlager des KZ Auschwitz.“

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Überlebende Kinder bei der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee, 1945 (Foto: United States Holocaust Memorial Museum)

1945: Befreiung von Auschwitz

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau durch die sowjetische Armee befreit. Zuvor zwang die SS 60.000 Insassen zu sogenannten Todesmärschen, die die Personen weiter nach Westen weg von der Front bringen sollten, zündete viele der Baracken und Gebäude an und ermordete mehrere Tausend Personen, bevor sie das Lager räumte. Der 27. Januar ist heute internationaler Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus.

Quelle: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

1945: Kapitulation des Deutschen Reiches

Nachdem sowjetische Truppen Berlin im April 1945 erreichten und auch amerikanischen Truppen näher rückten, nahm sich Adolf Hitler am 30. April 1945 das Leben. Berlin war nun gefallen, und im Mai unterzeichnete das Oberkommando der Wehrmacht, des Heers, der Luftwaffe und der Marine die bedingungslose Kapitulation. Bis heute gilt der 8. Mai in Westeuropa als Kriegsende, in Russland (aufgrund der Zeitverschiebung) der 9. Mai.

Quelle: USHMM

Video: England feiert den Sieg über Nazi-Deutschland (Quelle: AP ARCHIVE)

Generaloberst Alfred Jodl, zuvor von Karl Dönitz dazu autorisiert, unterzeichnet die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht am 7. Mai 1945 in Reims (Foto: Franklin D. Roosevelt Library – Public Domain)

Wie haben die Menschen das Kriegsende erlebt?

Kurt Rosenkranz berichtet:

„Nach dem Krieg hofften wir, freigelassen zu werden. Uns wurde gesagt, wir sollten noch die Ernte einbringen, und dann dürfen wir nach Hause fahren. Die Ernte war drinnen, wir sind nicht nach Hause gefahren. […] Ende Dezember 1946, inmitten eines Schneesturms, wurden wir mit Lastwagen abgeholt. Wir fuhren in Viehwaggons, aber wir waren frei..“

Erfahre hier mehr über Kurt Rosenkranz.

Leo Luster berichtet:

„Am 8. Mai war der Krieg zu Ende. Die Russen kamen und sagten: ‚Geht, wohin ihr wollt. Ihr seid frei!‘ Durch Zufall erfuhren wir, dass es in Theresienstadt noch Menschen gibt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Es war nicht einfach, aber wir fuhren nach Theresienstadt. Im Lager war Typhus ausgebrochen. Ich traf dort einen Freund meines Vaters, der sagte zu mir: ‚Warst du schon bei deiner Mutter? Ich habe sie gesehen, sie ist hier!‘ Ich weiß nicht, ob man sich vorstellen kann, wie das für mich war. Ich habe sie auf einem Dachboden gefunden. Kann man sich das vorstellen? Die erste Frage, die sie gefragt hat: ‚Wo ist der Papa?‘ Ich konnte nichts sagen, und da hat sie nur gesagt: ‚Gott hat mir beschert, dass du am Leben geblieben bist‘“

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Lucia Heilman berichtet:

„Am 13. April hat uns Reinhold geholt. Er hatte russische Soldaten gesehen. Wir sind voller Angst aus dem Versteck gekommen und haben gesehen, dass russische Soldaten durch die Gumpendorfer Strasse marschiert sind. Tausende… Wahnsinn! Wie die Russen gekommen sind, und ich war endlich befreit, war das ein Gefühl, das man nicht beschreiben kann. Ich war glücklich, ich war selig, ich konnte endlich laufen, wohin ich wollte, und ich konnte mich auf jede Parkbank setzten.“

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Harry Weinsaft vom American Jewish Joint Distribution Committee mit der dreijährigen Renati Rulhater in einem Displaced Persons Camp in Wien (Foto: U.S. Holocaust and Memorial Museum – Public Domain)

Video: USHMM

Displaced Person Camps (DP-Camps)

Als Displaced Persons oder kurz DPs bezeichnet man überlebende Opfer der NS-Herrschaft. Der größte Teil kam aus Polen, Ungarn, Litauen, Russland, der Ukraine oder Rumänien. Die meisten besaßen weder Heimat noch Familie oder Nahrung.

Nach dem Einmarsch der Alliierten 1945 bis 1952, befanden sich auf dem Gebiet des ehemaligen „Deutschen Reiches“ zwischen 6,5 Millionen und 7 Millionen DPs, darunter 250,000 Juden. Sie lebten in Lagern im von den Alliierten besetzten Deutschland und Österreich sowie Italien und wurden von der UN verwaltet (United Nations Relief and Rehabilitation Administration, UNRRA). Die meisten Lager wurden zwischen 1949 bis 1951 aufgelöst, als nach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg und der Lockerung der US-amerikanischen Einwanderungspolitik die meisten jüdischen DPs auswandern konnten.

Quelle: USHMM

Wie haben die Menschen die DP-Camps erlebt?

Leo Luster berichtet:

„Die Amerikaner haben uns sehr geholfen. Wir bekamen die Möglichkeit, nach Bayern auszureisen. So sind wir in das DP-Lager nach Deggendorf gebracht worden. In Deggendorf war eine alte Kaserne der Wehrmacht. Dort hatte man das Lager errichtet. In Deggendorf hatten wir eine sehr schöne Zeit, vier Jahre blieben wir dort. Ich habe für die Hilfsorganisation UNRRA, der United Nations Relief and Rehabilitation Adminstration, gearbeitet, später für den JOINT [American Jewish Joint Distribution Comittee, eine Hilfsorganisation US-amerikanischer Juden].“

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1948: Gründung Israels

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Shoa, die in Europa sechs Millionen jüdische Opfer forderte, wuchs die internationale Unterstützung für die zionistische Bewegung. Die UN-Generalversammlung beschloss im November 1947 die Teilung Palästinas in einen arabischen und jüdischen Staat des Territoriums, auf dem 1,3 Millionen Araber und 608.000 Juden lebten.

Am 14. Mai 1948 endete das britische Mandat über Palästina, die britischen Truppen zogen ab. David Ben Gurion verkündete daraufhin in Tel Aviv die Unabhängigkeitserklärung. Der israelischen Staat wurde noch am selben Tag von den USA und der Sowjetunion diplomatisch anerkannt, doch Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Libanon, Irak und Syrien erklärten Israel den Krieg, den Israel jedoch gewann.

Quelle und weitere Informationen: Bundeszentrale für politische Bildung

David Ben-Gurion bei der Verlesung der Unabhängigkeitserklärung 1948 (Foto: Government Press Office (Israel) – Flickr – CC BY-SA 3.0)

Wie haben die Menschen die Gründung Israels erlebt?

Lizzi Granierer berichtet:

„Als 1948 der Staat Israel ausgerufen wurde, musste ich mich zum Militär melden. Ich habe gesagt, sie sollen mich nur als Reserve nehmen, denn ich arbeite bei Kolbo/Schwarz, und ich muss meinen Geschwistern und meinen Eltern helfen. Ich komm’ natürlich, wenn sie mich brauchen, aber nicht jetzt. Das haben sie akzeptiert, und ich bin befreit worden.“

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Leo Luster berichtet:

„Im Mai 1948 wurde der Staat Israel ausgerufen. Ende Juni 1949 machten sich meine Mutter und ich auf den Weg nach Marseille. Von dort sind wir nach Haifa gefahren – das erste Mal, dass wir ein Schiff mit israelischer Flagge sahen. Wir hatten sogar Kabinen und haben Essen bekommen. Das war eine herrliche Reise! Die Reise hat zirka fünf Tage gedauert. In der letzten Nacht haben wir getanzt: Jeder wollte Haifa sehen, wenn es auftaucht. Um fünf Uhr in der Früh haben wir die Lichter der Küste gesehen. Das war ein großer Augenblick, für uns war das unfassbar!“

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Max Tauber berichtet:

„Im November 1947 beschlossen die Vereinten Nationen, dass Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat geteilt wird. Von dem Moment an war Jerusalem eine Festung. Man konnte nicht hinaus und nicht hinein, weil rundherum arabische Siedlungen waren. […] Jerusalem war ab Februar 1948 total eingeschlossen. Von britischen Truppen ist ein Panzerzug auf die Bahnlinie gestellt worden, denn die Briten haben das Land verlassen.“

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Paul Back berichtet:

„In den Jahren 1945/46 gab es schon eine Bewegung für die Gründung des selbständigen Staates Israel. In erster Linie begann es mit Aktionen und Demonstrationen für die freie Einwanderung. Der Druck war groß nach dem Krieg, als man das ganze Ausmaß der Vernichtung erfuhr und viele Juden das Land erreichen wollten, aber zurückgeschickt wurden, weil die Engländer die freie Einwanderung begrenzen wollten. Es gab eigentlich schon einen Staat im Staat mit jüdischen Institutionen, man nannte es „Medina baderech“, das bedeutet übersetzt „ein Staat im Werden“. Aber man wollte einen vollständig selbständigen jüdischen Staat. […] Als der Staat Israel gegründet wurde, befand ich mich bereits in der israelischen Geisterarmee, weil wir schon eingezogen und organisiert waren, noch bevor es den Staat gab und noch bevor es die Armee gab. 1948 waren wir schon mitten im Krieg.“

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Adolf Eichmann bei der Urteilsverkündung am 15. Dezember 1961 (Foto: U.S. Holocaust Memorial Museum – Public Domain)

1961: Eichmann-Prozess

Am 15. Dezember 1961 endete in Israel der Prozess gegen Adolf Eichmann: der Organisator der nationalsozialistischen Judenvernichtung wurde zum Tode verurteilt. Als Leiter der Reichszentrale für jüdische Auswanderung und Referatsleiter für Judenangelegenheiten im Reichssicherheitshauptamt war Adolf Eichmann maßgeblich am Holocaust beteiligt.

Nach Kriegsende flüchtete er nach Argentinien, wo er 1960 von israelischen Agenten gefasst wurde. 1961 begann in Israel der Prozess gegen ihn, der im Mai 1962 mit dem Todesurteil endete. Der Prozess wurde in der ganzen Welt verfolgt und löste eine Aufarbeitung mit dem Holocaust und den NS-Verbrechen aus.

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

Wie haben die Menschen den Eichmann-Prozess erlebt?

Leo Luster berichtet:

„Damals hatten wir wenig Kontakt mit den Sabres, also den Leuten, die hier geboren waren. In ihren Augen waren wir Feiglinge: ‚Ihr seid wie die Schafe zur Schlachtbank gegangen.‘ Das haben sie nicht verstehen können. Sie haben auf uns herabgeschaut. Unsere Geschichten haben sie überhaupt nicht interessiert. Was wirklich passiert war, haben sie nicht begriffen. Erst 1961, während des Eichmann-Prozesses, haben sie begonnen, uns zu verstehen. […] An einem Tag hatte ich Gelegenheit, persönlich beim Prozess zu sein. Ich habe Eichmann gut sehen können. Er saß in der Kabine, man hatte Angst, dass ihn jemand erschießt. Ein deutscher Anwalt hat ihn verteidigt. Aber es hat ihm nicht geholfen. Der einzige Mensch, der in Israel aufgehängt worden ist, ist Eichmann.“

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1967: Sechstagekrieg

Der Sechstagekrieg war im Kern die Fortsetzung des israelischen Unabhängigkeitskrieges 1948/49, das Ziel der arabischen Nachbarn war gleich geblieben: die Vernichtung des jüdischen Staates. Auslöser des Kriegs war die ägyptische Blockade der Straße von Tiran für die israelische Schifffahrt, der vom ägyptischen Präsidenten Nasser erzwungene Abzug der UN-Truppen vom Sinai und ein ägyptischer Aufmarsch von 1000 Panzern und fast 100.000 Soldaten an den Grenzen Israels.

Der Krieg begann am 5. Juni 1967 mit einem Präventivangriff Israels gegen Ägypten, der einem Angriff der arabischen Staaten zuvorkommen sollte. Jordanien, das am 30. Mai 1967 einen Verteidigungspakt mit Ägypten geschlossen hatte, griff daraufhin Westjerusalem, Ramat Rachel und Netanja an. Der Krieg endete am 10. Juni 1967 mit einer Niederlage Ägyptens bzw. der Vereinigten Arabischen Republik, Syriens und Jordaniens. Israel kontrollierte nun den Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel, die Golanhöhen, das Westjordanland und Ostjerusalem.

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

Isralische Panzer auf den Golan-Höhen während des Sechs-Tage-Kriegs (Foto: Israel Government Press Office | CC BY-SA 4.0)

Wie haben die Menschen den Sechstagekrieg erlebt?

Paul Back berichtet:

„Nach dem „Sechstagekrieg“ gab es immer wieder kriegsähnliche Situationen. Es gab den jahrelangen Zermürbungskrieg zwischen Israel und Ägypten, der jeden Bürger betraf, weil man jedes Jahr seinen Reservedienst bei der Armee verrichten musste. Der „Jom-Kippur-Krieg“ überraschte das ganze Land. Man war darauf nicht gefasst.“

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