ON SATURDAY AFTERNOONS THE FAMILY WOULD GO TO THE PUBLIC BATH
Max Tauber
My paternal great-grandfather, Leopold, Jewish name Elieser, Müller, came originally from Poland. Poland was under Russian control back then, and in Russia there was military conscription from 21 years of age. Since there were no pardons, you had to enlist. Military service lasted for seven years. My great-grandfather was probably 20 years old at the time and was soon eligible for conscription, so he effectively fled with his wife, who was 18 years old at the time. My great-grandfather and great-grandmother didn’t own anything. My family was a large and religious family – strict orthodox. My grandmother was also very religious still, but not my father.
I was born in Vienna on June 11th, 1920. My father was a conscious Jew, but he was no longer religious. When I was still young, he went to the temple for special occasions and brought me along. My sister Grete was born in 1921 and my sister Berta in 1923.
After my parents were married, my father began working for himself. Shoemakers, who individually manufactured custom shoes, came by with the material and had my father make the upper portion of the shoes. Or else they gave him a commission to make the uppers. My mother did the tapping work and also helped with other things. All of that took place in our apartment. When my parents got married they took a one-room apartment with a kitchen at Schweglerstrasse 10. We shared the toilets in the hall with 15 people and went to the public baths for washing.
I went to elementary school in Sättermayergasse in the 15th district. There were Jews in other classes, but I can’t remember if even one of my classmates had been a Jew. Whenever the other children had Catholic religion instruction, I went to a different class. But they didn’t seem to care about that. During my last year of school, the classes were divided and I had to go to a school on Goldschlagstrasse. There were some guys there who were already part of the illegal Hitler Youth. One of them was named Pohl and he was somewhat higher-up in the HY – he even brought me illegal publications from Germany to read. You can’t really imagine it, but this hatred towards Jews only began in 1938, after the German invasion.
Im Februar 1934 wurde sofort alles, was mit den Sozialdemokraten in Verbindung stand, unter Dollfuß eliminiert. Die Sozialdemokratische Partei wurde verboten, alle Genossenschaften aufgelöst, so dass mein Vater nicht nur politisch gefährdet war, sondern auch wirtschaftlich am Ende. […] Alle Leute, die sich politisch verdächtig gemacht hatten, sind in das erste österreichische Konzentrationslager gekommen. Das war nicht anderes als ein Gefängnis, es war nicht zu vergleichen mit den deutschen Konzentrationslagern. Mein Vater ist dann bei seinem Bruder untergetaucht und hat Versucht ins Ausland zu kommen.
[…] Man hat für Palästina ein Kapitalistenzertifikat gebraucht, das heißt, man musste bei einer Bank 1000 englische Pfund deponieren, und damit hat man die Einreise bekommen. Mein Vater hatte keine 1000 Groschen in seinem Besitz, geschweige denn 1000 Pfund, aber Herr David hat ihn für die Schuhfabrik ausgesucht, und so bekam er das Zertifikat zur Einreise nach Palästina. Wie mein Vater das Geld für die Reise zusammengekratzt hat, weiß ich nicht. Im Dezember 1934 ist er nach Triest gefahren und von Triest mit dem Schiff nach Palästina. Wir haben uns von meinem Papa verabschiedet und wussten nicht, wann wir uns wiedersehen. Meine Mutter blieb zurück mit drei halbwüchsigen Kindern und ohne Einkommen. Sie hat tagelang geweint. Mein Leben in Wien war trist. Ich war 15, hatte keinen Groschen und konnte nie ins Kino gehen. Ich habe mich auf ein neues Leben in Jerusalem gefreut, meine Schwestern auch, und es war auch ein gewisses Abenteuer, was da vor uns lag. Vorstellungen hatte ich keine (144f.).
We arrived in Jaffa on August 1st, 1935. Suddenly my mother came to us with tears streaming down her face. It turned out that the entry certificate was signed by an official known for being corrupt. So we went to Haifa. An official went with us as we left the ship. My mother and sisters cried because dad wasn’t there and they were totally alone in a foreign world. The next day my mother sent me to the post office to send my father a telegram. After two days we were finally with my father
My father found an apprenticeship for me in a machine fitting shop where I was to be trained as a mechanic and a metalworker, though I wasn’t paid. I lasted there two months. Then my father said, “learn the shoemaking trade and come work with us.” So I became a shoemaker. One Friday I came home from work and there was an open cart with a horse in front of the house. Löwy was the main tenant – my father had always given him the money for rent, but he never paid the rent, and so we were thrown out of the apartment. After six weeks my father got hold of an apartment at the eastern edge of Jerusalem. It was primitive like all the houses that were relatively new.
In 1936 my father had had enough of the factory and went out on his own. I stayed at my parent’s house until I returned to Austria. From the first day I said that if an opportunity arises to get away again, I’m gone. I was too much of a European to adapt to the mentality of the people there.
Bis 1946 die ersten Wahlen in Österreich stattgefunden haben und eine österreichische Regierung gebildet wurde, hat es keinen Postverkehr mit Österreich gegeben. Am 11. Jänner 1946 ist der Postverkehr eröffnet worden. Da haben wir einen Brief an den Innenminister Helmer verfasst. Monate hat sich nichts gerührt, dann ist ein Brief vom Innenministerium gekommen, in dem hieß es ungefähr so: Liebe Landsleute, es freut uns, dass ihr Kontakt mit uns aufnehmt, aber die Lage ist sehr trist, usw. Und wenn man den Brief weitergelesen hat, war eindeutig: Bleibt, wo ihr seid! Das Innenministerium hat uns nicht in Österreich gewollt. Da hat sich in der UNO eine Organisation gebildet, um allen Emigranten die Rückkehr aus den Konzentrationslagern und aus dem Exil, wohin die Menschen vor dem Holocaust geflohen waren, zu ermöglichen.
Im Frühjahr 1947 ist der erste Transport nach Österreich gegangen, der zweite Transport ein paar Monate später. Ich bin mit dem letzten Transport gefahren. In Wien habe ich mich beim Bruder meiner Mutter einquartiert. Mein Vater hat sich 1949 schweren Herzens entschlossen, auch zurück zu kommen, meine Eltern waren aber glücklich, wieder in Wien zu sein, denn meine Mutter hatte ihre Geschwister hier.
Pfingsten 1953 habe ich meine Frau Lilli in Wien kennen gelernt, und am 30. Dezember 1953 haben wir bereits geheiratet. Meine Frau Lilli flüchtete 1939 als Zwölfjährige mit einem Kindertransport nach England. Am Westbahnhof sah sie ihre Eltern das letzte Mal. Wenn ich erlebt hätte, was sie erlebt hat, wäre ich wahrscheinlich nicht zurückgekommen. Unser Sohn Willi ist 1954 geboren, unser Sohn Heinz 1957.
Wie meine Eltern 1949 zurückgekommen sind, war mein Vater schon 58 Jahre alt, und da hat er noch in Meidling die Hausschuhproduktion weiter gemacht. Er wollte, dass ich mit ihm arbeite. Wir hatten immer eine sehr enge Beziehung zueinander. Auch wenn ich nicht bei ihm gearbeitet habe, bin ich doch am Abend immer zu ihm gegangen und habe ihm zwei bis drei Stunden geholfen. Ich habe von 1964 bis 1969 in Atzgersdorf, das ist ein Teil des 23. Wiener Gemeindebezirks, bei Salamander gearbeitet. Dort war eine arisierte Fabrik, Eterna hieß sie vor dem Krieg. Nach dem Krieg wurde der Betrieb an die Erben rückgestellt, und die Erben haben die Fabrik an Salamander verkauft. Die österreichische Schuhproduktion ist systematisch von den Deutschen zu Grunde gerichtet worden. Die Deutschen haben die Betriebe aufgekauft, dann wurde eine Weile normal weiter gearbeitet, und schön langsam wurden die Betriebe liquidiert. 1969 hat der Betrieb in Atzgersdorf zugesperrt.
Ich arbeitete in verschiedenen Schuhfabrikationen, die aber alle in Konkurs gingen, und mit 50 Jahren war ich arbeitslos. Ich habe mir Zeitungsannoncen angeschaut, aber es war sehr schwer, denn ich war nicht mehr jung. Heute hätte ich überhaupt keine Chance auf eine Arbeitsstelle. Einmal habe ich einen Brief auf die Post gebracht und sah, dass die Post Leute sucht. Der Zustelldienst im Postamt 1190 [19. Wiener Gemeindebezirk] suchte Briefträger. Ich bekam die Stelle. Zehn Jahre habe ich als Briefträger gearbeitet, dann ging ich in Pension.